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§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO,rückwirkendes Ereignis,§ 313 BGB

Nachfolgend erhalten Sie unsere Sachverhaltsdarstellung mit unseren diesbezüglichen Fragestellungen mit der Bitte um Beantwortung: 1. Sachverhaltsdarstellung a) Betriebsaufgabe zum 30.04.2014 Zum 30.04.2014 wurde der Betrieb von unserem Mandanten aufgegeben und der Privatisierungsgewinn im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2014 versteuert. Der bei weitem größte Anteil der Privatisierung entfiel dabei auf den Grund und Boden, für den vom Sachverständigen des Finanzamts (ALS) ein Verkehrswert i.H.v. 50 €/m² zugrunde gelegt worden ist. Maßgeblich für die erheblich über dem Wert für landwirtschaftliche & gärtnerische Flächen liegenden Grundstückswerte in der Gärtnersiedlung (ehemals 29 Gärtnereien) war die Entscheidung der Stadtverwaltung D. vor mehr als zehn Jahren, von der Definition des Außenbereichs für die Gärtnersiedlung abzurücken, auch da kaum noch Interesse für eine Übernahme auslaufender Betriebe bestand und die altersbedingt ausscheidenden Betriebsinhaber mit dringend erforderlichen Erlösen zur Sicherung der Altersvorsorge unterstützt werden sollten. So wurde neben der Bestandssicherung der vorhandenen Betriebe die Möglichkeit eingeräumt, die Betriebsflächen nach der Einstellung des Betriebs mit jeweiligen Mindestgrößen von 5.000 m² zu parzellieren, gegebenenfalls zu verkaufen und mit je einem Einfamilienhaus zu bebauen. Ergänzend hierzu ist noch auszuführen, dass der zugrundeliegende ESt-Bescheid 2014 vom 17.12.2015 und der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung 2014 vom 13.04.2016 datiert, so dass grundsätzlich Festsetzungsverjährung eingetreten ist. b) Änderung der Verhältnisse im Jahr 2021 In Verlaufe des Jahres 2021 wurde das Vorgehen geändert und der bisher gültige Bebauungsplan, der die in Punkt a) genannten Besonderheiten regelte, außer Kraft gesetzt, u.a. auch weil die von der Stadt D. angerufene Kreisverwaltung Fehler bei der Aufstellung des B-Plans bemängelt hat. Entsprechend werden keine Baugenehmigungen mehr erteilt. Das Baurecht ist wieder auf den davor gültigen Status des landwirtschaftlichen Außenbereichs zurückgeführt worden, so dass ein landwirtschaftlicher Haupterwerb vorausgesetzt wird. Aufgrund dieser Tatsache kann der zuvor genannte Verkehrswert i.H.v. 50 €/m² im Falle eines Verkaufs bei weitem nicht realisiert werden. Unser Mandant hat die Flächen noch nicht verkauft, so dass sich aufgrund der Änderung der Verhältnisse und aufgrund der auf den seinerzeit angesetzten Privatisierungsgewinn bezahlten Steuer ein erheblicher Nachteil ergibt. Aufgrund dieses Nachteils haben wir beim Finanzamt die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2014 bzw. des Feststellungsbescheids 2014 gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis) beantragt. 2. Ablehnung einer Korrektur durch das Finanzamt Den Antrag auf Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung 2014 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO hat das Lagefinanzamt bereits mit folgender Begründung abgelehnt: Nach § 16 Abs. 3 S. 3 EStG ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen. Bereits mit der Bezugnahme auf den gemeinen Wert i.S. des § 9 Abs. 2 BewG verweist das Gesetz auf einen Stichtagswert, der für die Bewertung von Betriebsvermögen durch § 106 Abs. 1 BewG dahin konkretisiert wird, dass für den Bestand und die Bewertung die Verhältnisse im Feststellungszeitpunkt maßgebend sind. Zwar wird die Einheitsbewertung mehr noch als das Bilanzrecht durch ein striktes Stichtagsprinzip geprägt (BFH-Urteil vom 13. August 1986, II R 213/82, BFHE 147, 531 BStBl II 1987, 48, zur Nichtberücksichtigung sog. wertaufhellender Tatsachen im Bewertungsrecht; vom 8. März 1995, II R 10/92, BFHE 177, 132; vom 8. Dezember 1993, II R 118/89, BFHE 173, 82, BStBl II 1994, 216: Die Steuerbilanz berücksichtige auch dynamische Gesichtspunkte). Eine rechtliche Vergleichbarkeit mit dem bewertungsrechtlichen Stichtagsprinzip besteht jedoch insofern, als § 16 Abs. 3 EStG ausdrücklich die Bewertung auf den Zeitpunkt der Aufgabe vorschreibt. Der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe (§ 16 Abs. 3 S. 3 EStG) richtet sich nach dem zum Aufgabestichtag im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielenden Preis (§ 9 Abs. 2 S. 1 BewG). Umstände, die nicht diese zeitpunktbezogene Momentaufnahme, sondern den Wert erst zu einem späteren Zeitpunkt beeinflussen, betreffen die Wertfindung für ein bereits in das Privatvermögen überführtes Wirtschaftsgut. Aus der Stichtagsbezogenheit folgt insbesondere, dass sich bei der Ermittlung eines Vermögenswerts nur solche Verhältnisse und Gegebenheiten auswirken, die im Bewertungszeitpunkt so hinreichend konkretisiert sind, dass mit ihnen als Tatsache zu rechnen ist (BFH-Urteil vom 27. Februar 1992, IV R 71/90, BFHE 167, 140, BStBl II 1992, 554). Nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Was unter einem rückwirkenden Ereignis zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht näher bestimmt. Es genügt aber nicht, dass das spätere Ereignis den für die Besteuerung maßgeblichen Sachverhalt anders gestaltet. Die Änderung muss sich auch steuerrechtlich in der Weise auswirken, dass nunmehr der veränderte Sachverhalt anstelle des zuvor verwirklichten der Besteuerung zugrunde zu legen ist. Ob diese Voraussetzung vorliegt, entscheidet sich nach dem im Einzelfall anzuwendenden Steuergesetz (Beschluss des Großen Senats vom 19. Juli 1993, GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, unter C. II. 1. der Gründe). Eine vergleichbare Rückbeziehung zum Zweck einer nachträglichen Veränderung des Stichtagswerts kommt in Fällen wie dem vorliegenden nicht in Betracht. Die hier für die Prüfung am Maßstab des § 175 Abs. 1. S. 1 Nr. 2 AO einschlägige Bestimmung ist § 16 Abs. 3 S. 3 EStG. Der maßgebende Stichtagwert wird in materiell-rechtlicher Hinsicht durch Umstände, die erst später den gemeinen Wert beeinflussen, nicht rückwirkend geändert. Dies erschließt sich aus der Erwägung, dass der auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe ermittelte gemeine Wert nicht lediglich zunächst nur aufgrund von Annahmen zu einer typischen Geschehensablauf errechnet, sondern real, realisierbar und verfügbar war. Eine etwaige spätere Wertänderung betrifft ein Wirtschaftsgut des Privatvermögens. Dies gilt sowohl zugunsten wie zu Lasten des Steuerpflichtigen. Daher hat der BFH im Urteil BFH/NV 1990, 88 entschieden, dass eine spätere Änderung des baurechtlichen Nutzungsgrads eines Grundstücks infolge einer zuvor nicht bekannten Sinnesänderung der Gemeinde nicht auf den Entnahmezeitpunkt zurückwirkt. 3. Fragestellung a) Ist die Argumentation der Finanzverwaltung korrekt, dass eine Änderung des Betriebsaufgabegewinns gemäß § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO nicht möglich ist? b) Gibt es eine andere (Korrektur-)Möglichkeit, wonach der Aufgabegewinn noch geändert werden kann? Sofern Fragen zum Sachverhalt offengeblieben sind, können wir gerne hierzu noch weitergehende Informationen liefern.
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