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§ 173 AO,neue Tatsache,Ermittlungspflicht des Finanzamts

Meine Mandantin war bis zum Jahr 2018 an einer GbR mit 50 % beteiligt. Im Jahr 2018 hat sie ihren 50%igen GbR-Anteil zu einem Gesamtkaufpreis von 800.000 € verkauft. In diesem Gesamtkaufpreis war ein Grund-und-Boden-Anteil mit einem qm-Preis von 15 € enthalten (der Grund und Boden stellt Privatvermögen dar und befand sich länger als zehn Jahre im Eigentum unserer Mandantin). Im Rahmen der Veranlagung zur Einheitlichen und Gesonderten Feststellung der Einkünfte der GbR für das Jahr 2018 wurden vom Finanzamt unter anderem der Kaufvertrag sowie die Berechnung des Veräußerungsgewinns angefordert. Diese Unterlagen wurden vom Steuerberater der GbR auch an das Finanzamt übermittelt. Aus der Berechnung des Veräußerungsgewinns war eindeutig ersichtlich, dass ein Anteil von 178.500 € für den Grundbesitz im Privatvermögen in Ansatz gebracht worden ist. Die Bescheide für das Jahr 2018 wurden ohne Nebenbestimmungen endgültig erlassen. Das Finanzamt hat im Jahr 2022 durch den Bausachverständigen des Finanzamts eine baufachliche Stellungnahme für den Wert des Grund und Bodens erstellen lassen. Der Bausachverständige des Finanzamts hat festgestellt, dass der Wert des Grund und Bodens um 153.000 € zu hoch angesetzt worden ist. Das Finanzamt hat dem folgend eine Änderung des Feststellungs-Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vorgenommen. Das Finanzamt argumentiert folgendermaßen: „Die das Grundstück betreffenden wertbildenden Umstände sind Schätzungsgrundlage für den Bodenanteil und stellen eine neue Tatsache dar. Es kann eine Änderung der Steuerbescheide 2018 nach § 173 AO erfolgen.“ Nach unserer Rechtsauffassung kann das Finanzamt den Bescheid nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, da dem Finanzamt bereits bei Erlass des ersten Bescheids bekannt war, dass der Grund und Boden pro qm mit 15 € angesetzt worden ist. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann das Finanzamt – auch wenn es von einer rechtserheblichen Tatsache oder einem rechtserheblichen Beweismittel nachträglich Kenntnis erhält – daran gehindert sein, einen Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zuungunsten des Steuerpflichtigen zu ändern, BFH v. 13.11.1985, II R 208/82, BStBl. II 1986, S. 241. Der Steuerpflichtige hat die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten in zumutbarer Weise erfüllt, eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO kommt demnach nicht in Betracht, wenn die spätere Kenntnis der Tatsache oder des Beweismittels auf einer Verletzung der dem Finanzamt obliegenden Ermittlungspflicht beruht. Das Finanzamt hätte bereits im Rahmen der Veranlagung zur Einheitlichen und Gesonderten Feststellung für das Jahr 2018 die Verteilung des Kaufpreises vorab ermitteln müssen. Eine Änderung des Steuerbescheids auf der Grundlage der Vorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO kann das Finanzamt nicht vornehmen.
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