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Verfahrensrecht,Berichtigungspflicht,Steuerverkürzung

Liegt bei hohen Verlustvorträgen ein Fall des § 153 AO vor? Gemäß § 153 AO ist ein Steuerpflichtiger verpflichtet, unverzüglich anzuzeigen, wenn er feststellt, dass eine von ihm abgegebene Erklärung unrichtig ist und es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann. Wenn hohe Verlustvorträge vorliegen, kommt es nicht zu einer Steuerfestsetzung. Ist die Festsetzung von Verlustvorträgen diesem Vorgang gleichzustellen? Ist der Steuerpflichtige in folgendem Fall zur Anzeige nach § 153 AO verpflichtet oder ist das ein Fall von Korrektur in laufender Rechnung? (Das wäre in diesem Fall der Jahresabschluss 2020, der bislang noch nicht erstellt wurde.) Es geht um eine kleine GmbH. Gesellschafter waren ein Ehepaar sowie dessen zwei Kinder, Sohn und Tochter. Die Ehefrau ist zwischenzeitlich verstorben. Die übrigen drei Gesellschafter haben die GmbH fortgeführt. Die jetzt festgestellten Fehler gehen zurück bis ins Jahr 2002. Bisherige Ermittlungen ergaben die Feststellung insb. zweier fehlerhafter Bilanzpositionen: 1. Einstellung der Kapitalrücklage 2. Bewertung des Vorratsvermögens Kapitalrücklage: Im Jahr 2003 wurde vom Ehepaar der GmbH ein Darlehen i.H.v. 300 T€ gewährt. Im Jahr 2006 wurde dieses Gesellschafterdarlehen in eine Kapitalrücklage umgewandelt. Hierbei sind zwei Fehler passiert: 1. Die Umwandlung eines Darlehens in eine Kapitalrücklage kann nur in der Höhe des werthaltigen Teils des Darlehens erfolgen. Die Gesellschaft erzielte zu dem Zeitpunkt nachhaltig Verluste. Vor der Kapitalerhöhung durch die Kapitalrücklage lag ein nicht durch EK gedeckter Fehlbetrag vor (152 T€). Das Gesellschafterdarlehen war zur Vermeidung einer bilanziellen Überschuldung mit einem Rangrücktritt belegt. Im Jahr 2007 wurde im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelt, dass die GmbH aus Sicht des Jahres 2007 voraussichtlich keinen Ertragswert generieren kann und somit keine stillen Reserven in Form von voraussichtlich künftigen Erträgen vorliegen. Somit verblieb es bzgl. der Darlehensbewertung beim Substanzwert. Es wurde durch den damaligen Steuerberater eine Werthaltigkeit i.H.v. 80 T€ ermittelt. Demnach hätte eine Umwandlung des Darlehens in eine Kapitalrücklage max. nur zu 80 T€ erfolgen dürfen. Der Rest wäre als Ertrag auszubuchen gewesen. Stattdessen wurde das Darlehen zum Saldo (= Restbetrag nach zwischenzeitlicher Tilgung) 240 T€ in die Kapitalrücklage eingestellt. 2. Die Zuführung zur Kapitalrücklage wurde nie im steuerlichen Einlagekonto erfasst. Als ab 2020 Tilgungsleistungen auf das damalige Gesellschafterdarlehen geleistet wurden, hat das Finanzamt nach der vertraglichen Grundlage dieser Rückzahlung gefragt und die Zahlungen mangels Darlehens als vGA gewertet und der KapESt unterworfen. Bewertung Vorratsvermögen: Dieser Sachverhalt konnte noch nicht vollumfänglich aufgeklärt werden. Er scheint sich nach bisherigem Kenntnisstand folgendermaßen darzustellen: Gesellschaftszweck der GmbH ist sowohl der Verkauf als auch die Vermietung von orthopädischem Zubehör. Die Gegenstände, die gleichzeitig sowohl verkauft als auch vermietet wurden, wurden zum Anschaffungszeitpunkt nicht in AV und UV unterschieden, sondern alle als Anlagevermögen angesehen, als GWG behandelt und voll abgeschrieben. Die Erfassung des Vorratsvermögens erfolgte pauschal: Die Vermietung der orthopädischen Gegenstände erfolgte gegen Fallpauschalen. Der Vorratsbestand wurde nicht über den Einzelbewertungsgrundsatz 1 : 1 ermittelt und anhand konkreter Mietgegenstände nach dem Anschaffungskostenprinzip unter Berücksichtigung der verlustfreien Bewertung bewertet. Stattdessen wurde anhand der Fallpauschalen ein Wert ermittelt und z.B. ein Bett mit 2/3 der Jahresmiete im Vorratsvermögen erfasst. Wie die Werte ins Umlaufvermögen gebucht wurden, entzieht sich momentan noch unserer Kenntnis. Jedenfalls dürfte das Umlaufvermögen drastisch überbewertet sein. Das Anlagevermögen ist dagegen leicht unterbewertet, da offenbar Wirtschaftsgüter als GWG voll abgeschrieben wurden, die die GWG-Eigenschaft aufgrund der Wertgrenzen nicht erfüllten (WG mit Anschaffungsdatum bis 2018 mit AK > 410 € wurden voll abgeschrieben statt aktiviert und über die ND abgeschrieben). Da seit 2018 mittlerweile bis zum Jahresabschluss 2020 drei Jahre vergangen sind, dürfte sich der wertmäßige Rest-Betrag in Grenzen halten. Resultat:  Das Umlaufvermögen ist offenbar stark überbewertet.  Das Anlagevermögen ist leicht unterbewertet.  Der im Jahr 2006 eigentlich zu verbuchende Ertrag wurde nicht gebucht (2006 außerhalb der Festsetzungsfrist).  Die in der Bilanz ausgewiesene Kapitalrücklage ist – zumindest teilweise – zu hoch ausgewiesen. Die seit 2002 eingereichten Erklärungen waren also unrichtig i.S.v. § 153 AO. Im Jahr 2010 betrug der Verlustvortrag 144 T€. Zwar wurden zwischenzeitlich auch Gewinne erzielt, allerdings in den Jahren 2013 und 2014 auch wieder Verluste, so dass sich der Verlustvortrag per 31.12.2020 schätzungsweise auf 87 T€ beläuft. Bei einer Korrektur von Anlage- und Umlaufvermögen wird sich aller Voraussicht nach per saldo ein Verlust ergeben, was den Verlustvortrag weiter erhöhen wird. Liegt hierin ein Fall des § 153 AO?
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