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Ein Fahrzeug -> Mehrere Betriebe

Christian Gebert

PKW-Nutzung, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, Kostendeckelung

Fragestellung

Ein Stpfl. hat zwei steuerliche Betriebe mit steuerpflichtigen Umsätzen. In Betrieb 1 befindet sich ein geleaster PKW. Dieser wird zu mehr als 50% für Betrieb 1 betrieblich genutzt. Für die Privatnutzung wird die 1%-Regelung angesetzt. Der PKW wird auch für Betrieb 2 genutzt.

Aus Vereinfachungsgründen erfolgt der Ansatz der Kosten nur in Betrieb 1; ein Ansatz in Betrieb 2 erfolgt nicht (keine Kosten-/Nutzungsentnahme).

Dieser Stpfl. hat ab sofort noch eine Beteiligung an einer GmbH & Co. KG. Beim SBV gibt es ein Gewinnvorab und eine Tätigkeitsvergütung, die mit Umsatzsteuer abgerechnet wird.

PKW-Nutzung: Betrieb 1 = 40% Betrieb 2 = 15% Privat = 30% SBV bei der GmbH & Co. KG = 15% (Hierbei handelt es sich um Schätzungen, wobei der betriebliche Anteil der Nutzung an Betrieb 1 definitiv mittlerweile unter 50% liegt)

Wie sieht ab diesem Zeitpunkt die ertragsteuerliche und umsatzsteuerliche Beurteilung für diese Bereiche aus?

Ändert sich etwas aufgrund der Schätzung der Nutzungsanteile?

Eine Kosten-/Nutzungsentnahme aus Betrieb 1 soll, wenn möglich, nicht erfolgen (nicht gewillkürt).

Ist eine Aufteilung der Kosten mit 40%, 15%, 30% und 15% möglich, sowie ein entsprechender Vorsteuerabzug?

Somit auch ein Ausschluss des Ansatzes der 1%-Regelung?

Kurzgutachten

1. Ertragsteuer

a) PKW als notwendiges Betriebsvermögen

Wenn ein Wirtschaftsgut zu mehr als 50% zu betrieblichen Zwecken verwendet wird, handelt es sich um notwendiges Betriebsvermögen.[1] Wenn das Wirtschaftsgut in mehreren Betrieben eines Steuerpflichtigen genutzt wird, ist die gesamte eigenbetriebliche Nutzung maßgebend.[2] Es bleibt deshalb dabei, dass der PKW ihres Mandanten nach wie vor notwendiges Betriebsvermögen darstellt, obwohl die Nutzung im Betrieb 1 nur noch zu 40% erfolgt.

Bei Firmenwagen, die zu mehr als 50% betrieblich genutzt werden, muss ein privater Nutzungsvorteil zwingend mit der 1%-Methode oder der Fahrtenbuchmethode ermittelt werden. Eine sachgerechte Schätzung des privaten Nutzungsvorteils kann nicht erfolgen.[3]

 

b) Berücksichtigung der betrieblichen PKW-Nutzung in mehreren Betrieben

Werden PKW im Rahmen mehrerer Betriebe eines Steuerpflichtigen eingesetzt, ist der Ansatz einer oder mehrerer (weiterer) Nutzungsentnahmen nach allgemeinen Grundsätzen erforderlich. D. h. die Nutzung des PKW in weiteren Betrieben des Steuerpflichtigen  erfüllt den Tatbestand einer Entnahme i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG. Dabei handelt es sich aber nicht um die Entnahme einer "privaten Nutzung" i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, sondern um eine Nutzungsentnahme "für andere betriebsfremde Zwecke".[4]

Da es sich nicht um eine Entnahme für private Zwecke handelt, ist die Entnahme für den zweiten Betrieb nicht mit 1 % des Bruttolistenpreises, sondern mit den anteiligen Selbstkosten des Steuerpflichtigen zu bewerten.[5] Die Aufteilung der betrieblichen Nutzung zwischen den Betrieben kann somit nach einer sachgerechten Schätzung erfolgen.

Auf Ebene des zweiten Betriebs ist der mit dem Einsatz des Fahrzeugs verbundene Aufwand in Höhe der tatsächlichen Selbstkosten gewinnmindernd im Wege einer Aufwandseinlage geltend zu machen.[6] Hinsichtlich der GmbH & Co. KG liegt in Höhe der anteiligen Selbstkosten somit eine Sonderbetriebsausgabe vor.[7]

 

c) Berücksichtigung der privaten PKW-Nutzung

Wegen der hinzukommenden privaten Nutzung ist dann zusätzlich noch ein Entnahmewert nach der 1%-Regelung anzusetzen.[8] Dieser Wert kann jedoch die Verwendung des Fahrzeugs in dem zweiten Betrieb nicht mit abgelten. Hierfür sind wie oben dargestellt die tatsächlichen Selbstkosten anzusetzen.[9]

Da die Kfz-Aufwendungen, aufgrund der betrieblichen Entnahme, nur noch zu 40% im Betrieb 1 vorhanden sind, wird der Nutzungswert nach der 1%-Methode möglicherweise die beim Betrieb 1 verbleibenden Kosten (40%) übersteigen. In diesem Fall kommt es zur Kostendeckelung, so dass der private Nutzungswert nach der 1% Methode höchstens in Höhe der verbleibenden Kfz-Aufwendungen angesetzt werden muss.[10] Damit würden sich die Kfz-Aufwendungen auf Ebene des Betriebs 1 überhaupt nicht mehr auswirken, da diese durch den gleich hohen privaten Nutzungswert neutralisiert werden. Der BFH sieht dies nicht als problematisch an, da sich die Aufwendungen für die betriebliche Nutzung des PKW zumindest im Betrieb 2 und der GmbH & Co. KG noch auswirken.[11]

 

2. Umsatzsteuer

Auch wenn der Mandant ertragsteuerlich mehrere getrennte Betriebe unterhält, liegt umsatzsteuerlich nur ein einziges einheitliches Unternehmen vor. Denn umsatzsteuerlich umfasst das Unternehmen des Unternehmers die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit, die der Unternehmer insgesamt ausführt (§ 2 Abs. 1 S. 2 UStG).[12]

Da insgesamt eine unternehmerische Nutzung über 10% vorliegt, kann der PKW dem umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen zugeordnet werden.[13] Ihr Mandant kann die Vorsteuer aus den Kfz-Aufwendungen somit geltend machen. Eine Aufteilung auf die verschiedenen Betriebe ist nicht möglich, da umsatzsteuerlich nur ein einheitliches Unternehmen gegeben ist.

Die nichtunternehmerische Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs unterliegt umsatzsteuerlich als fiktive sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer.[14]

Die Bemessungsgrundlage bemisst sich gem. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

Bei ertragsteuerlicher Ermittlung des Werts der Nutzungsentnahme nach der 1 %-Regelung kann auch umsatzsteuerlich von diesem Wert ausgegangen werden. Für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten kann allerdings ein pauschaler Abschlag von 20 % vorgenommen werden.[15]


[1] R. 4.2 Abs. 1 EStR

[2] R. 4.2 Abs. 1 S. 7 EStR

[3] Ehmcke, in Blümich, § 6 EStG, Rz. 1013f, 122. Aufl. 2014;  BFH vom 29.01.2004 X B 133/02 (NV); BFH, Urt. vom 04.04.2008 - VI R 68/05

[4] BFH Urteil vom 26.04.2006 - X R 35/05 (veröffentlicht am 11.10.2006)

[5] BFH Urteil vom 19.03.2009 - IV R 59/06 (NV) (veröffentlicht am 26.08.2009): BFH Urteil vom 26.04.2006 - X R 35/05 (veröffentlicht am 11.10.2006)

[6] BFH Urteil vom 26.04.2006 - X R 35/05 (veröffentlicht am 11.10.2006)

[7] BFH Urteil vom 19.03.2009 - IV R 59/06 (NV) (veröffentlicht am 26.08.2009)

[8] Fahrtenbuchmethode wäre aber auch möglich

[9] BFH Urteil vom 26.04.2006 - X R 35/05 (veröffentlicht am 11.10.2006)

[10] BMF v. 21.1.2002, IV A 6 – S 2177 – 1/02, Tz. 14, BStBl I 2002, 148

[11] BFH Urteil vom 19.03.2009 - IV R 59/06 (NV) (veröffentlicht am 26.08.2009)

[12] Radeisen, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 2 UStG Rz. 325, Stand: 04.10.2011

[13] Radeisen, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 2 UStG Rz. 355, Stand: 04.10.2011

[14] Schwarz, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 10 UStG Rz. 497c, Stand: 06.12.2012

[15] Schwarz, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 10 UStG Rz. 500, Stand: 06.12.2012

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