Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0

Mehrere Fahrzeuge im BV einer GmbH – Private Nutzung?

Andrea Konrad-Wögler

1% Regelung bei mehreren Fahrzeugen, unbefugte private PKW-Nutzung

Fragestellung

In einem Einzelunternehmen bzw. GmbH sind im Betriebsvermögen mehrere PKW´s und Motorräder. Wenn kein Fahrtenbuch geführt wird, auf wie viele und auf welche Fahrzeuge ist eine Versteuerung nach der 1 % Methode vorzunehmen? Auf das teuerste Fahrzeug? Auf alle Fahrzeuge? Auf den teuersten PKW und das teuerste Motorrad?

Kurzgutachten

Mit Urteil vom 21.3.2013 hat der BFH in der Sache VI R 31/10 entschieden, dass die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen Pkw tatsächlich privat nutzt, zu einem lohnsteuerlichen Vorteil führt. Damit hat der Lohnsteuersenat den Anwendungsbereich der in § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 EStG i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG normierten 1 %- Regelung neu bestimmt. Denn nunmehr ist für die Besteuerung des Nutzungsvorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG unerheblich, ob der Arbeitnehmer den Beweis des ersten Anscheins, dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch die substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts zu entkräften vermag (Änderung der Rechtsprechung).

In zwei weiteren Entscheidungen vom 21.3.2013 (VI R 46/11 und VI R 42/12) sowie einem Urteil vom 18.4.2013 (VI R 23/12) hat der BFH aber auch (nochmals) verdeutlicht, dass die 1 %- Regelung erst zur Anwendung kommt, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung arbeitsvertraglich oder doch zumindest auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung überlassen hat. Hiervon hat sich das Finanzgericht – unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls – mit der erforderlichen Gewissheit zu überzeugen. Die insoweit erforderlichen Feststellungen kann der Beweis des ersten Anscheins nicht ersetzen. Denn einen – auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden – Erfahrungssatz, nach dem arbeitsvertraglich vereinbarte Nutzungsverbote nicht beachtet werden, vermag der Senat nicht zu erkennen. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber ein arbeitsvertraglich vereinbartes Privatnutzungsverbot nicht überwacht oder es – wie bei einem angestellten (Allein-)Geschäftsführer einer GmbH (VI R 42/12), dem (familienangehörigen) Geschäftsführer eines Familienunternehmens (VI R 23/12) oder dem Gesellschafter-Geschäftsführer (VI R 46/11) – an einer „Kontrollinstanz” fehlt. Weitere Feststellungen insbesondere zu den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen sind hingegen nicht (mehr) erforderlich.

Gelangt das Finanzgericht zur Erkenntnis, dass der Arbeitnehmer den betrieblichen Pkw unbefugt privat nutzt, liegt kein Arbeitslohn vor. Ein Vorteil, den sich der Arbeitnehmer gegen den Willen des Arbeitgebers selbst zuteilt, wird nicht „für” eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt und hat damit keinen Lohncharakter. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer bewirkt die unbefugte Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs allerdings regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung (VI R 46/11).

Werden einem Arbeitnehmer mehrere Firmenfahrzeuge zur privaten Nutzung überlassen, ist bei pauschaler Nutzungswertermittlung auch die 1 %- Regelung entsprechend mehrfach anzusetzen – so hat es der VI. Senat des BFH im Urteil VI R 17/12 vom 13.6.2013 entschieden. Man mag derartige Fälle für „normale Mitarbeiter“ noch berechtigterweise als relativ selten abtun. Dieses Bild wandelt sich jedoch, betrachtet man die Situation bei GmbH-(Gesellschafter-)Geschäftsführern, die steuerrechtlich in vielen Fällen ebenso als Arbeitnehmer eingeordnet werden.

Entsprechend lag es denn auch im Streitfall. Festgestellt worden war dort im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 2004 bis 2006, dass die GmbH einem der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer zwei Fahrzeuge zur uneingeschränkten Nutzung überlassen habe – eine BMW-Limousine und ein SUV des Typs X5 desselben Herstellers. Der Prüfer gelangte zur Auffassung, dass wegen der unterschiedlichen Nutzungseigenschaften letztlich die Gestellung beider Wagen als Sachbezug zu erfassen sei. Die GmbH wandte sich gegen die darauffolgende Haftungsinanspruchnahme, blieb allerdings sowohl im Einspruchsverfahren als auch vor dem Finanzgericht erfolglos. Zwar hob der BFH die Vorentscheidung nunmehr auf und verwies die Sache zurück, hinsichtlich des grundsätzlichen mehrfachen Ansatzes der 1 %- Regelung liegt das höchste deutsche Finanzgericht jedoch auf der bisherigen Linie des Verfahrens.

Der Lohnsteuersenat konnte die Angelegenheit nur nicht selbst entscheiden, fehlten doch tragfähige Tatsachenfeststellungen zur Frage, ob das zweite Fahrzeug auf arbeitsvertraglicher Grundlage zur privaten Nutzung überlassen worden war. Falls nicht, könne eine vertragswidrige Nutzung bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen, so dass insoweit der Ansatz in einem Lohnsteuer-Haftungsbescheid nicht in Betracht käme. Ebenso wies der BFH darauf hin, dass die Inanspruchnahme des Arbeitgebers eventuell gegen die pflichtgemäße Ermessensausübung verstößt. Nach Tz. I. 2 eines Schreibens des BMF vom 28.5.1996 (BStBl 1996 I S. 654) kann bei Überlassung mehrerer Kfz an einen Arbeitnehmer der Listenpreis des überwiegend genutzten Wagens zugrunde gelegt werden, wenn die Nutzung der Fahrzeuge durch andere zur Privatsphäre des Arbeitnehmers gehörende Personen so gut wie ausgeschlossen ist. Für diese und die ähnlich abgefassten Verwaltungsregelungen im Bereich der Gewinneinkünfte ist die Bezeichnung als „Junggesellenklausel“ bekannt (vgl. nur Urban, FR 1997 S. 661, 663). Entlang der in den Streitjahren eigentlich für Gewinnermittler geltenden Sondervorschrift der Finanzverwaltung hatte die klagende GmbH die 1 %- Regelung auf das teurere der beiden Fahrzeuge angewandt, die Lohnsteuer dafür angemeldet und abgeführt. Würden die Voraussetzungen der verwaltungsseitig gewährten Sonderregelung greifen, wäre die Arbeitgeber-Inanspruchnahme im Wege des Haftungsbescheids daher ermessensfehlerhaft.

Fragen oder Anregungen? Mailen Sie uns!

E-Mail an das Taxpertise Team