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Verspätete Abgabe einer UST-VA

Uwe Zimmet, Steuerberater

Umsatzsteuervoranmeldung verspätete Abgabe, strafberfreiende Selbstanzeige, § 371 Abs. 2a AO

Fragestellung

Die A-GmbH hat aufgrund eines umständlichen Abrechnungsverfahrens mit dem größten Kunden mehrere UST-VA in 2014 (März-Juli) zu spät abgegeben (monatliche Zahllast ca. 15.000 €). Dauerfristverlängerung bestand in 2014 nicht, erst ab 2015, so dass das Problem in 2015 nicht mehr so akut war.

Im August 2014 erhielt der Mandant ein Schreiben von der Steuerfahndung, dass die zu späte Abgabe und Zahlung der UST eine Steuerhinterziehung sei. Mündlich konnte dem Finanzamt die Situation mit der fehlenden Dauerfrisitverlängerung und dem Problem des Gutschriftverfahrens erläutert werden, so dass es zu keinen strafrechtlichen Konsequenzen kam. Es wurde von Seiten des Mandanten versprochen, dass in Zukunft die USt-VA – auch ohne Vorliegen der Gutschriftsrechnung – pünktlich gemeldet und gezahlt wird. Wenn der Betrag nicht exakt feststeht, müsse großzügig geschätzt werden, so dass in etwa der korrekte Betrag pünktlich bezahlt werden kann. Kurz nach dieser Absprache ist die November-Anmeldung (fällig a 10. Dezember) erst am 12. Dezember erfolgt. Daraufhin hat die Steuerfahndung das Verfahren wieder eröffnet, da zu spät angemeldet wurde (Zahllast € 15.000).

Frage: Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen bzw. welcher Ermessensspielraum ist vorhanden, da es sich ja lediglich um eine kurze Verzögerung handelt? Welche Argumente könnten helfen, um die Bestrafung möglichst gering zu halten?

Kurzgutachten

Durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wurde die nachträgliche Korrektur von UST-Voranmeldungen (UST-VA) erheblich eingeschränkt. Grund ist das Vollständigkeitsgebot. Eine korrigierte UST-VA stellt danach nur eine Selbstanzeige dar, wenn sie umfassende Korrekturen beinhaltet. Die (vollendete) Steuerhinterziehung war bereits anzunehmen, wenn die Abgabefrist einer VA ( 10. des Folgemonats) überschritten war. Wurde die UST-VA zu einem späteren Zeitpunkt ( hier 12. des Folgemonats) abgegeben, war dies als Selbstanzeige zu werten. Diese wurde aber nur wirksam, wenn auch Unrichtigkeiten oder Fristversäumnisse in vorhergehenden (Voranmeldungszeiträumen)  mit korrigiert wurden.[1] 

Der Gesetzgeber hat die Selbstanzeige zum 01.01.2015 neu geregelt.

Im § 371 Abs. 2a AO  findet sich nunmehr eine Ausnahme vom Vollständigkeitsgebot für die UST-VA, soweit es sich nicht um eine Jahresanmeldung handelt. Im Gesetzestext heißt es: 

„Soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung begangen worden ist, tritt Straffreiheit abweichend von den Absätzen 1 und 2 Satz 1 Nummer 3 bei Selbstanzeigen in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 gilt nicht, wenn die Entdeckung der Tat darauf beruht, dass eine Umsatzsteuervoranmeldung oder Lohnsteueranmeldung nachgeholt oder berichtigt wurde. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Steueranmeldungen, die sich auf das Kalenderjahr beziehen. Für die Vollständigkeit der Selbstanzeige hinsichtlich einer auf das Kalenderjahr bezogenen Steueranmeldung ist die Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung der Voranmeldungen, die dem Kalenderjahr nachfolgende Zeiträume betreffen, nicht erforderlich.“

Damit wird der Rechtszustand vor Inkrafttreten des Schwarzgeldbekämpfungsgesetzes wieder hergestellt. Eine korrigierte oder verspätete UST-VA gilt zukünftig wieder als wirksame Teilselbstanzeige.

Die Erleichterungen des § 371 Abs. 2a AO sind ebenfalls auf vor dem 01.01.2015 verwirklichte Sachverhalte anwendbar, deren strafrechtliche Würdigung erst in 2015 abschließend entschieden wurde.[2]

Hinterzogene Steuern sind nach § 235 AO zu verzinsen, um dem Nutznießer einer Steuerhinterziehung den steuerlichen Vorteil der verspäteten Zahlung oder der Gewährung oder Belassung von Steuervorteilen zu nehmen.[3]

Die Zinspflicht tritt nur ein, wenn der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO erfüllt und die Tat i. S. d. § 370 Abs. 4 AO vollendet ist. Der Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2 AO i. V. m. § 23 StGB) reicht zur Begründung einer Zinspflicht ebenso wenig aus wie die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder die übrigen Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 379 ff. AO).[4]

Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt keine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus.[5] Die Zinspflicht ist unabhängig von einem Steuerstrafverfahren im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu prüfen.[6]   

Hinterziehungszinsen sind demnach auch festzusetzen, wenn

  • wirksam Selbstanzeige nach § 371 AO erstattet worden ist (z. B. durch Nachmeldung hinterzogener Umsatzsteuer in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung),
  • der Strafverfolgung Verfahrenshindernisse entgegenstehen (z. B. Tod des Täters oder Strafverfolgungsverjährung),
  • das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt worden ist (z. B. nach §§ 153, 153a StPO; § 398 AO) oder
  • in anderen Fällen die Strafverfolgung beschränkt oder von der Strafverfolgung abgesehen wird (z. B. nach §§ 154, 154a StPO)

An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehörde nicht gebunden[7].

Im Allgemeinen kann sich das Finanzamt die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese zutreffend sind, und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben werden.[8]

 

Ergebnis

Die Abgabe der UST-VA kann als strafbefreiende Selbstanzeige gewertet werden. § 371 Abs. 2a AO. Dies gilt auch für vor dem 01.01.2015 verwirklichte SV, deren abschließende rechtliche Würdigung erst in 2015 erfolgt. Der Festsetzung der Hinterziehungszinsen wird man sich in konsequenter Anwendung des AEAO zu § 235 AO wohl grundsätzlich nicht entziehen können.

Hinweis: Über die Festsetzung der Hinterziehungszinsen befindet aber nicht die Fahndungsstelle, sondern grds. der zuständige Veranlagungsbezirk.


[1] Vgl. NWBSteuer und StudiumNr. 2/2015 Fallstudie zustrafbefreiender Selbstanzeige

[2] Vgl. NWB 1 und 2 /2015

[3] Tz 1.1 Zur AEAO 2014zu § 235 AO (BFH-Urteile vom 19.4.1989, X R 3/86, BStBl. II S. 596 und vom 27.9.1991, VI R 159/89, BStBl. 1992 II S. 163)

[4] TZ 1.2 

[5] vgl. BFH-Urteil vom 27.8.1991, VIII R 84/89, BStBl 1992 II S. 9

[6] TZ 1.3 

[7] vgl. BFH-Urteil vom 10.10.1972, VII R 117/69, BStBl 1973 II S. 68

[8] vgl. BFH-Urteil vom 13.7.1994, I R 112/93, BStBl 1995 II S. 198

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