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USt-Fälle bei ausländischer Muttergesellschaft

Andrea Konrad-Wögler, Steuerberaterin

umsatzsteuerliche Behandlung, ausländische Muttergesellschaft, Rechnungen

Fragestellung

Die deutsche GmbH (Sitz: Inland) ist Tochtergesellschaft einer schwedischen Kapitalgesellschaft AB.

Die schwedische Muttergesellschaft erstellt und liefert Gegenstände europaweit. Zur Ausbreitung in Mitteleuropa soll die GmbH die Verkäufe an deutschsprachige Kunden vermitteln. Nach erfolgreicher Vermittlung und Bestellung des Kunden wird der Auftrag von der GmbH zur AB weitergeleitet. Die AB bearbeitet den Vorgang, liefert die Ware an den Kunden und rechnet mit dem Kunden ab. Am Ende des Monats erstellt die AB der GmbH eine Provisionsgutschrift für die Vermittlung. Die Warenlieferung erfolgt entweder direkt aus Schweden oder aus dem Lager am Firmensitz der GmbH (der Warenbestand wurde von der AB erworben und auch von der AB inventarisiert).

Wie ist die umsatzsteuerliche Beurteilung in folgenden Fällen (alle Kunden sind Unternehmer):

1) Vermittlungsleistung der GmbH an die AB

2) Abrechnung der AB für die Lieferung an deutsche Kunden direkt aus Schweden?

3) Abrechnung der AB für die Lieferung an deutsche Kunden aus dem Lager in Deutschland?

4) Abrechnung der AB für die Lieferung an einen österreichischen Kunden direkt aus Schweden?

5) Abrechnung der AB für die Lieferung an einen österreichischen Kunden aus dem Lager in Deutschland?

6) Überführung der Gegenstände aus dem Lager in Schweden in das Lager nach Deutschland?

7) Ist der Vorsteuerabzug für die AB in Deutschland gegeben für Wareneinkäufe aus Deutschland für das Lager in Deutschland?

Kurzgutachten

Die Wirkungen der Organschaft sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Sie bestehen nicht im Verhältnis zu den im Ausland gelegenen Unternehmensteilen sowie zwischen diesen Unternehmensteilen. Die im Inland gelegenen Unternehmensteile sind nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG als ein Unternehmen zu behandeln.[1]

 

Muttergesellschaft (Organträger) im Ausland:

Ist der Organträger im Ausland ansässig, ist die Gesamtheit der in Absatz 3 Nr. 4 und 5 bezeichneten Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln.

Abschnitt 2.9 Abs. 3 Nr. 4: UStAE: Im Inland gelegene Unternehmensteile im Sinne der Vorschrift sind u.a. die im Inland ansässigen Organgesellschaften eines Organträgers, der im Ausland ansässig ist;

In diesem Fall gilt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer und damit als der Steuerschuldner im Sinne des § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG. Wirtschaftlich bedeutendster Unternehmensteil im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 UStG kann grundsätzlich nur eine im Inland ansässige juristische Person (Organgesellschaft) sein; beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 KStG ist es jedoch die Zweigniederlassung. Hat der Organträger mehrere Organgesellschaften im Inland, kann der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil nach der Höhe des Umsatzes bestimmt werden, sofern sich die in Betracht kommenden Finanzämter nicht auf Antrag der Organgesellschaften über einen anderen Maßstab verständigen. Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn die im Inland gelegenen Unternehmensteile nur aus rechtlich unselbständigen Betriebsstätten bestehen. Bereitet die Feststellung des wirtschaftlich bedeutendsten Unternehmensteils Schwierigkeiten oder erscheint es aus anderen Gründen geboten, kann zugelassen werden, dass der im Ausland ansässige Organträger als Bevollmächtigter für den wirtschaftlich bedeutendsten Unternehmensteil dessen steuerliche Pflichten erfüllt. Ist der Organträger ein ausländisches Versicherungsunternehmen im Sinne des VAG, gilt als wirtschaftlich bedeutendster Unternehmensteil im Inland die Niederlassung, für die nach § 106 Abs. 3 VAG ein Hauptbevollmächtigter bestellt ist; bestehen mehrere derartige Niederlassungen, gilt Satz 4 entsprechend.[2]

 

1) Vermittlungsleistung der GmbH an die AB

Bei Leistungen an einen Unternehmer oder an eine gleichgestellte juristische Person (nicht unternehmerisch tätig, aber im Besitz einer USt-IdNr.) richtet sich der Leistungsort nach § 3a Abs. 2 UStG. Leistungsort ist der Ort, von dem aus der Leistungsempfänger sein Unternehmen betreibt. Dies kann auch eine Betriebsstätte sein. Vgl. im Einzelnen das BMF-Schreiben vom 04.09.2009.

Für sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, die im Inland steuerbar und steuerpflichtig sind, schuldet nicht der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger (Unternehmer oder gleichgestellte juristische Personen) die Umsatzsteuer , § 13b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 UStG. Der Leistende darf in diesen Fällen keine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis erteilen. Auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist in der Rechnung hinzuweisen.

Steuerpflichtige sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 2 UStG , für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, hat der leistende Unternehmer in der Umsatzsteuer -Voranmeldung und der Umsatzsteuer -Erklärung für das Kalenderjahr und in der zusammenfassenden Meldung anzugeben.

Vgl. im Einzelnen das BMF-Schreiben vom 04.09.2009.

§ 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG ist enstprechend in Art. 194 MwStSystRL anzuwenden.

Gem. § 3a Abs. 2 UStG verlagert sich der Ort der Vermittlungsleistungen von der deutschen GmbH an das ausländische Mutterunternehmen nach Schweden. Gem. Art 194ff MwStSyStRL verlagert sich die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger, d.h. auf die schwedische Muttergesellschaft. Die deutsche GmbH hat an AB eine Nettorechnung mit dem Hinweis auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft zu stellen. Die schwedische Muttergesellschaft hat die Vermittlungsleistungen in Schweden der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

 

2) Abrechnung der AB für die Lieferung an deutsche Kunden direkt aus Schweden?

Da die schwedische Muttergesellschaft gem. Abschnitt 2.9 Abs. 7 i.V.m. Abschnitt 2.9 Abs. 3 Nr. 4 UStAE kein deutsches Unternehmen darstellt, welcher dem deutschen Umsatzsteuergesetzt unterliegt, ist die Lieferung von der schwedischen Muttergesellschaft an die deutschen Kunden in Anlehnung an die MwStSystRL nach dem schwedischen Umsatzsteuergesetzt zu behandeln.

Insofern ist der Ort der Lieferung in Schweden. Die Lieferung ist in Schweden umsatzsteuerbar.

Da die Lieferung von einem Mitgliedsstaat der EU in ein anderen Mitgliedsstaat der EU befördert wird, liegt eine grenzüberschreitende Warenlieferung gem. Art 138f MwStSyStRL vor Gem. Art. 138 f MwStSyStRL stellt die Lieferung von Schweden an den deutschen Kunden eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung dar.

Die schwedische Muttergesellschaft hat an den deutschen Kunden eine Rechnung ohne gesondert ausgewiesene schwedische Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Umsatzsteuerbefreiung gem. Art 138 MwStSyStRL zu stellen. Der deutsche Kunde hat in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.

 

3) Abrechnung der AB für die Lieferung an deutsche Kunden aus dem Lager in Deutschland?

Da sich die Ware bereits in Deutschland befindet und von dem deutschen Lager zum deutschen Kunden verbracht/ befördert wird, liegt keine grenzüberschreitende Lieferung gem. Art 138 MwStSyStRL vor. Da sich die Ware bereits in Deutschland befindet, greift das deutsche Umsatzsteuerrecht wieder ein. Der Ort der Lieferung ist gem. § 3 Abs. 6 UStG dort, wo die Beföderung/ Versendung an den deutschen Kunden beginnt, sprich am deutschen Lager. D.h. ist die Lieferung in Deutschland umsatzsteuerbar und mangels grenzüberschreitender Lieferung in Ausland auch umsatzsteuerpflichtig.

Insofern hat die deutsche Muttergesellschaft AB an den deutschen Kunden eine Rechnung mit gesondert ausgewiesener deutscher Umsatzsteuer gem. § 14 Abs. 4 UStG zu stellen.

 

4) Abrechnung der AB für die Lieferung an einen österreichischen Kunden direkt aus Schweden?

Die umsatzsteuerliche Beurteilung ist ähnlich wie 2):

Da die schwedische Muttergesellschaft gem. Abschnitt 2.9 Abs. 7 i.V.m. Abschnitt 2.9 Abs. 3 Nr. 4 UStAE kein deutsches Unternehmen darstellt, welcher dem deutschen Umsatzsteuergesetzt unterliegt, ist die Lieferung von der schwedischen Muttergesellschaft an den österreichischen Kunden in Anlehnung an die MwStSystRL nach dem schwedischen Umsatzsteuergesetzt zu behandeln.

Insofern ist der Ort der Lieferung in Schweden. Die Lieferung ist in Schweden umsatzsteuerbar.

Da die Lieferung von einem Mitgliedsstaat der EU in einen anderen Mitgliedsstaat der EU befördert/ versendet wird, liegt wieder eine grenzüberschreitende Warenlieferung gem. Art 138f MwStSyStRL vor. Gem. Art. 138 f MwStSyStRL stellt die Lieferung von Schweden an den österreichischen Kunden eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung dar.

Die schwedische Muttergesellschaft AB hat an den österreichischen Kunden eine Rechnung ohne gesondert ausgewiesene schwedische Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Umsatzsteuerbefreiung gem. Art 138 MwStSyStRL zu stellen. Der österreichische Kunde/ Unternehmer hat in Österreich einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.

 

5) Abrechnung der AB für die Lieferung an einen österreichischen Kunden aus dem Lager in Deutschland?

Da sich die Ware in Deutschland befindet, greift wieder das deutsche Umsatzsteuergesetz ein.

Entsprechend § 3 Abs. 6 UStG bestimmt sich der Ort der Lieferung von dort aus, wo sich der Gegenstand bei Beginn der Beförderung oder Versendung befindet. D.h. die Lieferung von dem deutschen Lager an den österreichischen Kunden ist in Deutschland umsatzsteuerbar.

Da die Lieferung von einem Mitgliedsstaat der EU in einen anderen Mitgliedsstaat der EU befördert/ versendet wird, liegt wieder eine grenzüberschreitende Warenlieferung gem. § 6a UStG i.V.m. § 4 Nr. 1 b UStG vor.

Die schwedische Muttergesellschaft hat in Deutschland eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an den österreichischen Kunden zu versteuern.

Das schwedische Mutterunternehmen hat an den österreichischen Kunden eine Rechnung ohne gesondert ausgewiesener deutscher Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Umsatzsteuerbefreiung gem. § 6a UStG i.V.m. § 4 Nr. 1b UStG zu stellen.

Der österreichische Kunde/ Unternehmer hat in Österreich einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.

 

6) Überführung der Gegenstände aus dem Lager in Schweden in das Lager nach Deutschland?

Verbringen ist das Befördern oder Versenden eines Gegenstandes innerhalb eines Unternehmens. Es erfolgt dabei keine Verschaffung der Verfügungsmacht. Grundsätzlich handelt es sich dabei um einen nicht steuerbaren Innenumsatz bzw. um ein rechtsgeschäftsloses Verbringen.

Nach Art. 17 MwStSystRL ist das Verbringen eines Gegenstandes des Unternehmens in einen anderen Mitgliedstaat einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt. Nach Art. 138 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL sind die Steuerbefreiungen der innergemeinschaftlichen Lieferung entsprechend anzuwenden.

Das unternehmensinterne Verbringen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gilt nur dann als entgeltlicher innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1a Abs. 2 UStG), wenn es durch einen Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens veranlasst wird. Durch das Verbringen eines Gegenstandes verwirklicht der Unternehmer regelmäßig zwei Umsätze in zwei Mitgliedstaaten. Das Verbringen eines Unternehmensgegenstandes innerhalb eines Unternehmens in zwei Mitgliedstaaten wird in einen innergemeinschaftlichen Erwerb und eine innergemeinschaftliche Lieferung aufgeteilt. Beide Umsätze sind selbstständig. Dabei ist der innergemeinschaftliche Erwerb unabhängig von der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung steuerbar. Die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Verbringungslieferung setzt aber die Steuerbarkeit des innergemeinschaftlichen Verbringungserwerbs voraus.

Ein Verbringen ist innergemeinschaftlich, wenn der Gegenstand auf Veranlassung des Unternehmers vom Ausgangsmitgliedstaat in den Bestimmungsmitgliedstaat gelangt. Es ist unerheblich, ob der Unternehmer den Gegenstand selbst befördert oder ob er die Beförderung durch einen selbstständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt (Abschn. 1a.2 Abs. 3 UStAE).

Ein innergemeinschaftliches Verbringen setzt voraus, dass der Gegenstand im Ausgangsmitgliedstaat bereits dem Unternehmen zugeordnet war und sich bei Beendigung der Beförderung oder Versendung im Bestimmungsmitgliedstaat weiterhin in der Verfügungsmacht des Unternehmers befindet. Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn der Gegenstand von dem im Ausgangsmitgliedstaat gelegenen Unternehmensteil erworben, hergestellt oder in diesen EG-Mitgliedstaat eingeführt, zur Verfügung des Unternehmers in den Bestimmungsmitgliedstaat verbracht und anschließend von dem dort gelegenen Unternehmensteil auf Dauer verwendet oder verbraucht wird (Abschn. 1a.2 Abs. 4 UStAE).

Da das schwedische Mutterunternehmen AB die Ware von einem EU-Mitgliedsstaat (Schweden) in einen anderen EU-Mitgliedsstaat (Deutschland) zu seiner weiteren Verwendung befördern/versenden lässt, tätigt das schwedische Mutterunternehmen in Schweden ein innergemeinschaftliches Verbringen ins deutsche Lager. Gem. Art 138 MwStSyStRL hat das schwedische Mutterunternehmen in Schweden eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung und in Deutschland einen umsatzsteuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern.

AN hat sich in Deutschland zur Umsatzsteuer zu registrieren.

 

7) Ist der Vorsteuerabzug für die AB in Deutschland gegeben für Wareneinkäufe aus Deutschland für das Lager in Deutschland?

Da die schwedische Muttergesellschaft AB gem. Abschnitt 2.9 Abs. 7 i.V.m. Abschnitt 2.9 Abs. 3 Nr. 4 UStAE kein deutsches Unternehmen darstellt, unterliegt sie grundsätzlich nicht dem deutschen Umsatzsteuergesetzt.

Gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG hat AB trotz der Ausführung von umsatzsteuerfreien Umsätzen das Recht gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG Vorsteuern geltend zu machen. § 15 Abs. 2 UStG kommt nicht zum Tragen.

Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, dem im Inland von einem Unternehmer für einen steuerpflichtigen Umsatz Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist, kann über die zuständige Stelle in dem Mitgliedstaat, in dem der Unternehmer ansässig ist, bei der zuständigen Behörde im Inland einen Antrag auf Vergütung dieser Steuer stellen. Für die Vergütung der Vorsteuerbeträge im Vorsteuer-Vergütungsverfahren ist ausschließlich das BZSt zuständig (§ 5 Abs. 1 Nr. 8 FVG).[3]

Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren gem. § 18 Abs. 9 UStG kommt nicht zur Anwendung, wenn AB in Deutschland zur Umsatzsteuer registriert ist (vgl. 6.)  In dem Fall hat AB die Möglichkeit gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die Vorsteuer im Rahmen des Umsatzsteuervoranmeldungsverfahrens oder im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung wieder zurückzuholen.  


[1] Abschnitt 2.9 Abs. 1 UStAE

[2] Abschnitt 2.9. Abs. 7 UStAE

[3] Abschnitt 18.13 Abs. 1 UStAE

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