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Betriebsaufspaltung

Freiberufler und ertragsteuerliche Auswirkungen bei Betriebsaufspaltung, Abfärbewirkung einer Betriebsaufspaltung bei Einzelunternehmen mit Einkünften nach § 18 EStG

Fragestellung

A betreibt ein freiberufliches Unternehmen in seinem Wohn- und Geschäftshaus. EG und OG werden als Büro mit einigen Angestellten genutzt. Im DG wohnt A.

A ist zu 100% Anteilseigner einer GmbH, die Dienstleistungen an sein freiberufliches Unternehmen erbringt. Die GmbH hat nur kleine Umsätze (< 15.000 € pro Jahr). Eine Betriebsaufspaltung wurde bisher nicht festgestellt. 80% des Geschäftshauses hat A in seinem freiberuflichen Unternehmen aktiviert. A möchte nun die GmbH-Anteile auf seinen Sohn schenkungsweise übertragen, um der Gefahr einer Infizierung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit durch eine eventuelle Betriebsaufspaltung zu umgehen. Personelle und sachliche Verflechtung sind derzeit gegeben.

Welche Konsequenzen würden für A entstehen, wenn die Betriebsaufspaltung durch das Finanzamt aufgedeckt würde?

Kurzgutachten

1. Prüfung der abstrakt-materiellen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung (BA):



Die personelle Verflechtung mit der (potentiellen) Betriebsgesellschaft liegt vor. Betriebsgesellschaft und Besitzunternehmen müssen von einem einheitlichen gsechäftlichen Betätigungswillen getragen sein. Dies tritt am klarsten bei Beteiligungsidentität zutage, dh wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen beherrschend beteiligt sind (st. BFH-Rechsprechung, z.B. BFH X R 21/93, BStBL. 1997 II, 565 zu 1.). Da A die GmbH eindeutig beherrscht, da ihm die Mehrheit der Stimmrechte an der GmbH zustehen (sogar 100 %), ist eindeutig eine personelle Verflechtung gegeben.



Eine sachliche Verflechtung liegt vor, wenn der Betriebsgesellschaft funktional wesentliche Betriebsgrundlagen überlassen werden. Die Art der Überlassung (un-teil- oder vollentgeltlich) spielt dabei keine Rolle. Es bedarf auch keines Mietvertrags dazu (unabhängig davon, ob bei Verstoß gegen die Fremdüblichkeit der Nutzungsüberlassung bzw. bei beherrschenden Gesellschaftern gegen das Gebot der eindeutigen, klaren und rechtzeitigen Vereinbarung verstoßen würde und deshalb Problematiken im Bereich vGA bzw. verdeckte Einlagen vorliegen würden, vgl. dazu KStR 36, KStH, KStR 40, KStH 40).



Es müssen jedenfalls Wirtschaftsgüter überlassen werden, so dass das Erbringen von Dienstleistungen, insbesondere hier in umgekehrter Richtung nicht zu sachlichen Verflechtung führen. Büroräume sind im Regelfall funktional wesentlich, wenn diese für die GmbH eine ihrer funktional notwendigen Betriebsgrundlagen sind (BFH VIII R 36/91, BStBL. 1993 II, 233) und für deren Bedürfnisse hergerichtet wurden.

Eine Ausnahme besteht dann, wenn dies so untergeordnet ist, so dass der BFH von "quantitativer und qualitativer Unwesentlichkeit" spricht (BFH XI R 45/04, BFH/NV 2006,1453: Büroraum). Die Raum- bzw. Platzüberlassung muss also wirtschaftlich unbedeutend und "entbehrlich" sein. Sicher ist dies einzelfallabhängig. Wenn der GmbH praktisch lediglich ein oder zwei PC-Arbeitsplätze für die freiberuflichen Mitarbeiter überlassen werden, kann man durchaus von einer Unwesentlichkeit sprechen. Werden - bezogen auf diese Räumlicheit - die Grenzen des § 8 EStDV nicht überschritten, kann dies eine Indiz für die Unwesentlichkeit sein, vgl. i.Ü. Wacker, § 15 EStG, Rz. 812 mwH.



2. Falls BA vorliegt: Rechtsfolgen bei nachträglicher "Entdeckung der BA":



Materielle Rechtsfolgen der Feststellung einer BA:



Die GmbH-Anteile sind notwendiges BV in der freiberuflichen Einzelfirma des A, d.h. etwaige Gewinnausschüttungen werden nach dem Teileinkünfteverfahren besteuert (§ 3 Nr. 40 d) EStG). Dasselbe gilt für einen Veräußerungsgewinn (§ 3 Nr. 40 a) EStG). Im Endeffekt würden 40 % steuerfrei gestellt. § 20 IIa EStG i.V. mit § 32d EStG gelten nicht für Anteile an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen.



Wertverluste in den Anteilen wirken sich über § 3c II EStG nur zu 60 % aus (Teilabzugsverbot) und 40 % sind steuerfrei. (Insoweit dieselben Rechtsfolgen wie bei Verstrickung der Anteile im Privatvermögen nach § 17 EStG).



Sollten Räumlichkeiten an die GmbH überlassen werden (siehe sachliche Verflechtung) gehört auch dieser Grundstücksteil zum notwendigen BV und muss bilanziert bzw. im Anlageverzeichnis des Freiberuflers mit aufgenommen werden (eigenbetriebliche Nutzung). Dieser Grundstücksteil wäre dann also ebenfalls notwendiges Betriebsvermögen des freiberuflichen Betriebs.



Zu den Rechtsfolgen, wenn die BA beendet wird vgl. zu 3.



Die vermutete wichtigste Rechtsfolge ist jedoch nicht die Verstrickung des freiberuflichen Betriebs in einen einheitlichen gewerblichen Betrieb (§ 15 I Nr. 1 EStG), da die Abfärbewirkung des § 15 III Nr. 1 EStG lediglich Personengesellschaften betrifft. Wenn also der A zusammen mit einem Sozius das Büro als GbR betreiben würde, könnte die Abfärbung eintreten (vgl. dazu ausführlich Wacker/Schmidt, § 18 EStG, Rz. 55 mit dem eindeutigen Hinweis, dass die Vermietung wesentlicher Betriebsgrundlagen durch eine originär freiberuflich tätige Personengesellschaft diese dann infolge der BA gewerblich infiziert werden kann).



Übt eine natürliche Person sowohl eine gewerblicht Tätigkeit aus (gewerbliche Vermietung dem Grunde nach) als auch eine freiberufliche Tätigkeit, sind diese steuerlich grds. getrennt zu beurteilen, wenn zwischen beiden Tätigkeiten kein Zusammenhang besteht (Wacker, § 18 EStG, Rz.17, 50). Bei Architekten existiert - soweit ersichtlich - lediglich ein Urteil, bei dem eine einheitliche Betrachtung, also ein Zusammenhang bejaht wurde (Architekt als Bauunternehmer bzw. Bauträger, BFH XI, R  10/06, BStBL. 2008 II,54).



Nun ist aber m.E. ein gewisser wirtschaftlicher und sachlicher Zusammenhang gegeben (Überlassung von Räumlichkeiten und Erbringung von Dienstleistungen der Betriebs-GmbH an den freiberuflichen Betrieb). Fraglich ist, ob diese gemischte Tätigkeit abfärbt.

Entscheidend ist lt. BFH das Gepräge, welcher Bereich also dem anderen "den Stempel aufdrückt" (BFH IV R 63/02, BStBL. 2005 II, 362, FG Köln, DStRE 2007,1312 rkr.) M.E. ist dies jedoch nicht der Fall, da die gegenseitigen Verflechtungen mit der GmbH sehr gering sind.



Formelle Bilanzberichtigung:



Ab dem Zeitpunkt, ab dem die materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer BA vorliegen (personelle und sachliche Verflechtung) müssen die

relevanten WG (Grundstücksteil und GmbH-Anteil) im Einzelunternehmen des Freiberuflers A aktiviert werden (Einlage nach § 6 I Nr. 5 EStG).

Liegen Anteile nach § 17 EStG vor, sind diese z.B. nicht mit dem Teilwert, sondern mit den -evtl. niedrigeren - AK einzulegen.



Ist eine Berichtigung der Gewinnermittlung nicht mehr möglich, da der Veranlagungszeitraum, in dem erstmals der vorstehend beschrieben Zeitpunkt liegt, bereits rechtskräftig ist und nicht mehr nach den Korrekturvorschriften der AO geändert werden kann, erfolgt m.E. eine

erfolgsneutrale Erfassung in dem Erstjahr, das verfahrensrechtlich noch offen ist. Diese Rechtsgrundsätze sollten auch bei Gewinnermittlung nach § 4 III EStG gelten, da beide Gewinnermittlungsarten (Bilanzierung und EÜR) zum selben Totalgewinn führen sollen.



3. Exkurs: Rechtsfolgen bei (unterstellt) vorliegender BA mit nachfolgender Übertragung der Anteile:



Normalerweise können Anteile nach § 17 EStG (Privatvermögen) ohne Auflösung der stillen Reserven übertragen werden, wenn dies unentgeltlich erfolgt (hier im Wege der vorweggenommenen Erbfolge). Wurde jedoch eine BA festgestellt, hat die Übertragung der GmbH-Anteile auf den Sohn die Beendigung der personellen Verflechtung zur Folge und damit die Entnahme der Anteile in das Privatvermögen gem. § 6 I Nr. 4 EStG zum Teilwert. Die stillen Reserven sind als Differenz zwichen den Entnahmewert (Teilwert) und dem Einlagewert (Anschaffungskosten) zu verstehen. Es gilt auch hier das Teileinkünfteverfahren, so dass nur 60 % des Gewinnns zu versteuern sind.



Andererseits führt A weiterhin seinen freiberuflichen Betrieb fort, so dass keine Betriebsaufgabe (§ 16 III EStG) vorliegt und somit z.B 80 % der stillen Reserven im Grundstücknicht nicht versteuert werden  müssen, da das EG und das OG weiterhin notwendiges BV darstellt (eigenbetriebliche Nutzung).



Fraglich somit nur, ob der an die GmbH überlassene Grundstücksteil (Büroraum zB) sowie evtl. BGA wegen Beendigung der BA zwangsweise entnommen werden muss. Bei Gewinnermittlung nach § 4 III EStG (unterstellt dem sei so) ist gewillkürtes BV ebenfalls möglich, falls diese WG im Anlageverzeichnis erfasst sind (vgl. BMF v. 17.11.2004).



Eine Zwangsentnahme ist wie bei der Bilanzierung nach § 4 I EStG nur erforderlich bei eindeutiger Privatnutzung oder wenn eine Willkürung von WG nicht möglich ist und somit notwendiges Privatvermögen vorliegt. Gewillkürtes BV muss jedoch dem freiberuflichen Betrieb dienen und förderlich sein. Dies ist m.E. nicht der Fall, wenn der an die GmbH überlassene Büroraum unentgeltlich überlassen wird und der A auf den anteiligen Sachkosten sitzen bleibt.

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