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Landwirtschaftlicher Betrieb im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge

Zerschlagung, Gesamtplanrechtsprechung, Betriebsübergabe

Fragestellung

Landwirt hat 2 Sönhe - Sohn 1 will den Betrieb fortführen. Sohn 2 soll als Ausgleich Grundstücke erhalten, die bisher im Vermögen der Landwirtschaft waren. Der Vater würde diese Grundstücke noch aus dem Betriebsvermögen entnehmen. Sohn 1 erhält 60 % der betrieblich genutzten Grundstücke, Sohn 2 35 % der Grundstücke. 5 % der Grundstücke behält der Vater für private Zwecke zurück.

Wird die Übernahme des L+F-Vermögens durch Sohn 1 und hier vor allem die vorgesehene Buchwertfortführung für die übernommenen Grundstücke durch den Rückbehalt des Vaters bzw. Abfindung an Sohn 2 gefährdet?

Kurzgutachten

Gemäß § 6 Abs. 3 EStG erfolgt die Übergabe eines landwirtschaftlichen Betriebes zwingend zum Buchwert, wenn alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Übernehmer übertragen werden.

In der Landwirtschaft ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn mindestens 90% der landwirtschaftlich genutzten Fläche an den Sohn 1 übertragen werden (BFH Urteil vom 24.02.2005 - IV R 28/00).

Wenn also taggleich 60% der Grundstücke an den Sohn 1 und 35% der Grundstücke an den Sohn 2 übertragen werden, liegt unstreitig eine Betriebszerschlagung vor, die zur Aufdeckung der gesamten stillen Reserven beim Vater unter Anwendung des § 16, 34 EStG führt, da weder an Sohn 1 noch an Sohn 2 alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des landwirtschaftlichen Betriebes übertragen wurden.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt unter Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung aber auch dann eine Betriebszerschlagung vor, wenn im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsübertragung funktional wesentliche Grundstücke entnommen werden (BMF-Schreiben vom 3.3.2005 tz. 7 BStBl I, 2005, 458). Der Zeitraum, in dem ein schädlicher Gesamtplan vorliegt, ist zwar individuell zu bestimmen, in Anlehnung an die OFD Karlsruhe 20.05.2006, S 2241/27 - St 111 kann aber von von einem Zeitrahmen von ca. 24 Monaten ausgegangen werden. 

Damit würde auch eine vorgeschaltete Entnahme und Übertragung von 35% der Grundstücke durch den Vater an den Sohn 2, wenn der zeitliche Abstand nicht eingehalten wird eine Betriebszerschlagung auslösen. Eine Übertragung zum Buchwert an den Sohn 1 wäre dann anschließend nicht mehr möglich, da nicht alle (ehemaligen) wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen wurden.

Es soll aber darauf hingewiesen werden, dass die Rechtsprechung mittlerweile durch mehrere Urteile (BFH vom 2.8.2012, IV R 41/11; BFH vom 9.12.2014, IV R 29/14) eine Anwendung der Gesamtplanrechtsprechung auf Fälle der Betriebsübertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG ablehnt.

Es ist aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch unklar, ob sich die Finanzverwaltung dieser Auffassung anschließen wird. 

Der Rückbehalt der Flächen durch den Vater beeinträchtigt die Übertragung zum Buchwert an den Sohn nicht, wenn die zurückbehaltenen Grundstücke weniger als 10% der landwirtschaftlich genutzten Fläche, die an den Sohn 1 übergeben wird beträgt. Da mehr als 90% der Flächen übergeben werden, werden alle wesentlichen Betriebsgrundlagen an den Sohn übergeben. Die Voraussetzung des § 6 Abs. 3 EStG ist damit erfüllt.

Durch das recht aktuelle Urteil vom FG Münster vom 24.04.2015 (14K 4172/12E) wurde im Gegenzug die Größenklasse von mehr als 3.000 m² eingeführt, welches als verkleinerten Teilbetrieb zählt und § 6 Abs. 3 EStG ebenfalls ermöglicht. Dies gilt sowohl, wenn der Vater die Flächen noch selbst bewirtschaftet als auch wenn er die Flächen (auch an den Sohn) verpachtet.

Die 3.000 qm-Grenze wurde von der Rechtsprechung als Mindestgröße für einen landwirtschaftlichen Betrieb angesehen.

 Beträgt die zurückbehaltene Fläche weniger als 3.000 qm ist die zurückbehaltene Fläche durch den Vater zu entnehmen.

Als Ausweichgestaltung wäre eine GbR-Lösung zu bedenken. Sohn 1 und Sohn 2 gründen eine GbR. Der Vater überträgt den Betrieb gemäß § 6 Abs. 3 EStG zum Buchwert auf die GbR. Nach einer gewissen Zeit (etwa nach einem Wirtschaftsjahr) vollziehen Sohn 1 und Sohn 2 eine Realteilung zum Buchwert (im FG Urteil vom 24.04.2015 dargestellt und auf BMF Schreiben vom 28.02.2006 (BStBl I 2006, 228) verwiesen).

Damit könnte eine Aufteilung der Grundstücke auf die Söhne im gewünschten Verhältnis unter Fortführung der Buchwerte erreicht werden.

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