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Kapitalerträge dank Google

§ 20 Abs. 4a Satz 7 EStG, Kapitalmaßnahme google

Fragestellung

Mein Mandant möchte vom Google-Erfolg profitieren. Hier aber nicht mit seiner Website oder einer Adwords-Kampagne, sondern durch den Erwerb von Aktien des Unternehmens. Er hat daher im vergangenen ein Paket Wertpapiere mit der Bezeichnung  „Google Inc. Reg. Shares Class A DL-,001“ erworben.

Die Erträge der Wertpapiere sind so gestaltet, dass sie Anschaffungskosten neuer Papiere darstellen. Das Finanzamt ist anderer Meinung, die Bank hat daher Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt.

Kurzgutachten

Bei der Maßnahme wurde den Aktionären von Google pro Aktie (Class A) eine stimmrechtslose Aktie einer neuen Gattung (Class C) zugeteilt. Die Maßnahme wurde von WM Datenservice in Abstimmung mit der Kreditwirtschaft als steuerpflichtige Sachausschüttung eingeordnet und von depotführenden Stellen entsprechend abgewickelt. Dies hat ein breites Echo in den Medien gefunden (z.B. „Deutsche Google-Aktionäre müssen für Gratis-Aktien Steuern zahlen“).

 

Steuerlicher Hintergrund: Das BMF hat zur steuerlichen Behandlung von Aktiensplits in seinem Schreiben zu Anwendungsfragen der Abgeltungsteuer vom 09.10.2012, BStBl I, 953 Rz. 88 f. Stellung genommen. Danach wird ein Aktiensplit nur angenommen, wenn eine bestehende Aktie in zwei oder mehrere neue, gleiche Aktien aufgeteilt wird. Da den Google-Aktionären zu ihrem vorhandenen Bestand stimmberechtigter Aktien zusätzlich eine neue Aktiengattung stimmrechtsloser Aktien eingebucht wird, konnte dieser Vorgang nach Auffassung der Kreditwirtschaft nicht unter die für einen Aktiensplit getroffenen Regelungen (erfolgsneutrale Verteilung der ursprünglichen Anschaffungskosten) subsummiert werden. Im vorliegenden Fall konnten auch keine Indizien für eine andere erfolgsneutral zu behandelnde Kapitalmaßnahme (z.B. Abspaltung gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG, Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln) festgestellt werden. Daher ist die Kreditwirtschaft von einer steuerpflichtigen Sachausschüttung ausgegangen. Die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG konnte nicht angewendet werden. Danach ist der Ansatz eines Nullwertes nur dann zulässig, wenn die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrages nicht möglich ist (vgl. auch Rz. 111 des o.g. BMF-Schreibens). Im vorliegenden Fall war eine Kursbewertung der zusätzlich gewährten Aktien möglich und somit die Höhe des Kapitalertrages nicht ungewiss. Im Rahmen des Kapitalertragsteuerverfahrens haben die Kreditinstitute aus Haftungsgründen vorliegende BMF-Schreiben zu beachten (so explizit Punkt 1 des BMF-Schreibens vom 12.09.2013, BStBl I, 1167: „Auf Grund der Systematik der Abgeltungsteuer bleibt es dabei, dass die Kreditinstitute als Organe der Steuererhebung die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich des Kapitalertragsteuereinbehalts anzuwenden haben (vgl. BT-Drs. 17/3549 Seite 6). Nur so kann verhindert werden, dass der Umfang der Steuererhebung davon abhängig ist, bei welchem Institut der Steuerpflichtige sein Kapital anlegt.“).

 

Handlungsmöglichkeiten der Kunden: Anders als die Kreditinstitute ist der Steuerpflichtige nicht an BMF-Schreiben gebunden und kann eine von der Sicht der Finanzverwaltung abweichende Beurteilung eines Sachverhalts im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung gegenüber dem Finanzamt geltend machen (§ 32d Abs. 4 EStG).

 

Im Hinblick auf die offenbar zahlreichen Einsprüche, die von Kapitalanlegern gegen die Kapitalertragsteuer-Anmeldung des depotführenden Kreditinstituts eingelegt wurden, hatte das BMF mit den Ländern vereinbart, dass ein Bundesland (hier: Hessen) die Prüfung des Vorgangs übernimmt, die anderen Ländern stellen die Entscheidung über die Einsprüche bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Prüfung ruhend. Die Klärung soll unter Einbeziehung von Google bzw. dessen steuerlichem Berater erfolgen. Das BMF soll im Nachgang WM Datenservice über das Ergebnis der Prüfung unterrichten. Sollte die Prüfung zu dem Ergebnis kommen, dass es sich bei Google um eine steuerneutrale Kapitalmaßnahme handelt, sollen die Kreditinstitute zur Korrektur verpflichtet werden. Dies würde dann für alle „von Google betroffenen“ Kunden gelten, also nicht nur für diejenigen Fälle, in denen der Anleger Einspruch beim Finanzamt eingelegt hat.

 

Am 02.04.2015 hat das BMF den Entwurf (!) eines BMF-Schreibens i.S. „Kapitalmaßnahme von Google Inc. (USA) und von A.P. Moeller/Maersk A/S (Dänemark) im April 2014“ übersandt; danach gilt:

„Nach Abschluss der durch die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vorgenommenen Prüfungen der Kapitalmaßnahmen der Google Inc. und der A.P. Moeller/Maersk A.S. vom April 2014 erfüllen beide Kapitalmaßnahmen die Voraussetzungen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 1, 7 KapErhStG. Nach dem Ergebnis dieser Prüfungen ist eine Korrektur der gebuchten Depotwerte für die noch im Bestand befindlichen Aktien erforderlich. Durch die depotführenden Kreditinstitute sind auf die im Zuge der Kapitalmaßnahme eingebuchten jungen Aktien die Anschaffungskosten der Altaktien nach dem rechnerischen Bezugsverhältnis zu übertragen. In gleicher Höhe sind die Anschaffungskosten der „Altaktien“ zu mindern. Als Zeitpunkt der Anschaffung der jungen Aktien gilt der Zeitpunkt der Anschaffung der Altaktien. Die Prüfung der anlässlich der Kapitalmaßnahme einbehaltenen Kapitalertragsteuer erfolgt gemäß § 32d Absatz 4 EStG mit der Einkommensteuererklärung. Zur Prüfung sind die Abrechnungen der Kapitalmaßnahme, die Depotstände zum 31. Dezember 2014 bzw. die bis zum 31. Dezember 2014 ausgeführten Verkäufe der von der Kapitalmaßnahme betroffenen Aktien vorzulegen.“

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